bei Verwendung von Antidepressiva
Antidepressiva (Einzahl: Antidepressivum) werden zur
Behandlung vielfältiger Krankheiten eingesetzt:
natürlich zur Behandlung von Depressionen, aber auch
bei Angstzuständen, Kopf- Schulter- oder
Rückenschmerzen, Schlaflosigkeit, auch wenn letztere
Störungen ganz ohne Depressionen vor-kommen. Auch
dann profitiert man von Antidepressiva. Der große
Vorteil ist gegenüber Schmerz-mitteln und
Rheumamitteln, dass Antidepressiva für die Organe
des Körpers genügend unschädlich sind, jahrelang
oder lebenslang genommen werden können und niemals
eine Sucht erzeugen! Auch Sucht-kranke werden davon
nicht süchtig! Wenigstens ist seit 1957 in der
ganzen Welt keine Suchtentwicklung von
antidepressiv wirkenden Medikamenten beobachtet
worden.
Die Dosis ist immer individuell und liegt irgendwo
zwischen 2 mg und 150 mg pro Tag. Der Arzt kann von
vorneherein nicht wissen, welche Dosis die Einzelne
oder der Einzelne braucht. Deswegen ist es sinnvoll,
mit einer geringen Dosis anzufangen und diese
allmählich zu steigern, z. B. von einem
Antidepressivum in Tropfenform am ersten Abend einen
Tropfen, am nächsten zwei, am übernächsten drei und
pro Abend einen Tropfen mehr – entweder bis zur
vorläufig festgesetzten Grenze oder bis erste
Nebenwirkungen auftreten. Diese sind: erschwertes
Aufstehen am nächsten Morgen, Mund-trockenheit,
leichtes Gliederzittern oder Unruhe, vielleicht auch
eine Erschwerung des Wasserlassens. Treten solche
Nebenwirkungen auf, bleiben Sie bei dieser Dosishöhe
stehen. In aller Regel gewöhnt der Körper sich dann
weiter an die Medikamentenmenge und produziert nach
wenigen Tagen diese Nebenwirkungen nicht mehr. Die
weitere Dosis muss dann in der Praxis besprochen
werden.
Es gibt noch einen weiteren Grund, mit einer sehr
geringen Dosis anzufangen und diese zu steigern:
Antidepressiva machen eine allmähliche Umstimmung
etwa wie eine Kur oder ein sportliches Trai-ning.
Beide wirken auch nicht am zweiten oder dritten Tag.
Zu hoch dosierter Sport führt allenfalls zu
Muskelkater. Ist der Körper erst mal an die
sportliche Beanspruchung gewöhnt, kommt er auch ohne
„Nebenwirkungen“ wie Muskelkater aus. In der selben
Weise, wie der Organismus an eine veränderte
Belastung wie ein Muskeltraining gewöhnt werden
muss, muss er an ein Antidepressivum gewöhnt werden.
Diese Gewöhnungsvorgänge sind nicht krankhaft
sondern normal und erfordern häufiger eine
Dosisanpassung zu einem späteren Termin.
Treten weder Wirkung noch Nebenwirkung auf, ist das Medikament natürlich hoffnungslos unter-dosiert. Man sollte es in kürzeren Zeitabständen steigern.
Eine zu hohe Dosierung führt dazu, dass die erhoffte Wirkung wieder abnimmt oder verschwindet, während die Nebenwirkungen zunehmen. Daher besteht grundsätzlich nicht die Gefahr der dauernden Überdosierung. Denn jeder vernünftige Mensch wird ein Medikament, das ihm nicht nutzt, vermin-dern oder weglassen. Ist die günstigste Dosis erreicht, dauert es üblicherweise noch zwei bis drei Wochen, bis die erwartete Wirkung richtig beurteilt werden kann. Es hat daher wenig Sinn, das Anti-depressivum vorher abzusetzen, weil man noch keine Wirkung spürt. Es hat dann einfach nicht genug Zeit gehabt, die Umstimmung im Körper zu verlassen und damit zu wirken.
Die Wirkung der Antidepressiva lässt sich mit der
Einstellung einer Brille oder mit dem Wärmeschutz
unserer Kleidung zu vergleichen. Bei der Brille muss
der Benutzer durch Versuch und Irrtum selber
bestimmen, welche Stärke der Gläser er braucht. Bei
der Kleidung bestimmen auch wir selber, wie
dick diese sein soll. Analog muss auch die
Patientin oder der Patient langfristig
bestimmen, wie viel von einem Antidepressivum er
benötigt!
Zum Schluss eine statistische Aussage: Therapie mit Antidepressiva wirkt in 50 % aller Fälle sehr gut, in 30 % aller Fälle befriedigend, in 10 % kaum noch und in den letzten 10 % gar nicht. Ich wünsche Ihnen sehr, dass Sie zu einer der ersten beiden Gruppen gehören!